Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen
Entwurf eines Gesetzes über steuerliche Begleitregelungen zum Austritt
des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union
(Brexit-Steuerbegleitgesetz – Brexit-StBG)
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A. Problem und Ziel
Am 29. März 2017 unterrichtete das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland
(Vereinigtes Königreich) den Europäischen Rat von seiner Absicht, aus der Europäischen
Union auszutreten, und leitete damit offiziell das Verfahren nach Artikel 50 des Vertrags
über die Europäische Union (EUV) ein. Nach Artikel 50 Absatz 3 EUV endet die Mitgliedschaft
des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union („Brexit“) zwei Jahre später,
es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen
Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern.
Ab diesem Zeitpunkt ist das Vereinigte Königreich auch für steuerliche Zwecke als Drittstaat
zu behandeln. Sollten die laufenden Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich
und den verbleibenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union über ein Austrittsabkommen
erfolgreich sein, wäre das Vereinigte Königreich nach dem Ablauf der
vereinbarten Übergangsfrist auch für steuerliche Zwecke als Drittstaat zu behandeln.
Auch steuerliche und finanzmarktrechtliche Regelungen, die regelmäßig aufgrund des
unionsrechtlichen Primär- und Sekundärrechts für EU-/EWR-Sachverhalte günstigere
Rechtsfolgen vorsehen als für Drittstaaten-Sachverhalte, werden dadurch gemäß dem
jeweiligen Wortlaut künftig im Verhältnis zum Vereinigten Königreich keine Anwendung
mehr finden. Dies betrifft auch einige Sachverhalte, in denen der Steuerpflichtige bzw.
Finanzmarktteilnehmer bereits in der Vergangenheit alle relevanten Handlungen vollzogen
hat und - anders als z. B. in den Fällen des § 6 Absatz 5 des Außensteuergesetzes
(AStG) oder des § 12 Absatz 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) - allein der Brexit
eine nachteilige Rechtsfolge auslösen würde („Brexit als schädliches Ereignis“).
B. Lösung
Mit dem vorliegenden Änderungsgesetz soll dem fachlich zwingend notwendigen Gesetzgebungsbedarf
in verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts sowie im Bausparkassen-
und Pfandbriefgesetz entsprochen werden.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Verzicht auf nicht gewollte Steuereinnahmen.
E. Erfüllungsaufwand
Die Regelungen des Gesetzentwurfs stellen den Status quo sicher. Zusätzlicher Erfüllungsaufwand
für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft oder Verwaltung entsteht dadurch
nicht. Informationspflichten werden nicht eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
F. Weitere Kosten
Der Wirtschaft, einschließlich mittelständischer Unternehmen, entstehen keine direkten
sonstigen Kosten.
Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau,
sind nicht zu erwarten.
Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen
Entwurf eines Gesetzes über steuerliche Begleitregelungen zum Austritt
des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus
der Europäischen Union
(Brexit-Steuerbegleitgesetz - Brexit-StBG)
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Einkommensteuergesetzes
Das Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober
2009 (BGBl. I S. 3366, 3862), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 14. August
2017 (BGBl. I S. 3214) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Dem § 4g wird folgender Absatz 6 angefügt:
„(6) Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und Absatz 3 sind mit der Maßgabe anzuwenden,
dass allein der Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
aus der Europäischen Union nicht dazu führt, dass ein als entnommen geltendes
Wirtschaftsgut als aus der Besteuerungshoheit der Mitgliedstaaten der Europäischen
Union ausgeschieden gilt.“
2. In § 92a Absatz 1 Satz 5 werden nach dem Wort „darstellt“ ein Semikolon und die
Wörter „dies gilt auch für eine im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
(Vereinigtes Königreich) belegene Wohnung, die vor dem Zeitpunkt, ab dem das
Vereinigte Königreich nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch
nicht wie ein solcher zu behandeln ist, bereits begünstigt war“ eingefügt.
3. In § 93 Absatz 1 Satz 4 Buchstabe c werden nach den Wörtern „der Europäischen
Union“ ein Komma und die Wörter „oder im Vereinigten Königreich Großbritannien
und Nordirland“ eingefügt.
4. Dem § 95 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
„Satz 1 gilt nicht, sofern sich der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Zulageberechtigten
bereits vor dem 23. Juni 2016 im Vereinigten Königreich Großbritannien
und Nordirland befand und der Vertrag vor dem 23. Juni 2016 abgeschlossen worden
ist.“
Artikel 2
Änderung des Umwandlungssteuergesetzes
Dem § 22 des Umwandlungssteuergesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I
S. 2782, 2791), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 2. November 2015 (BGBl. I
S. 1834) geändert worden ist, wird folgender Absatz 8 angefügt:
„(8) Absatz 1 Satz 6 Nummer 6 und Absatz 2 Satz 6 sind mit der Maßgabe anzuwenden,
dass allein der Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
(Vereinigtes Königreich) aus der Europäischen Union nicht dazu führt, dass die Voraussetzungen
des § 1 Absatz 4 nicht mehr erfüllt sind. Satz 1 gilt nur für Einbringungen, bei
denen in den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge der Umwandlungsbeschluss vor dem
Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen
Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, erfolgt oder in den anderen Fällen
der Einbringungsvertrag vor diesem Zeitpunkt geschlossen worden ist.“
Artikel 3
Änderung des Umsatzsteuergesetzes
In § 1 Absatz 2a Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung
vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386), das zuletzt durch Artikel 11 Absatz 35 des
Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745) geändert worden ist, werden die Wörter
„; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland“
gestrichen.
Artikel 4
Änderung des Pfandbriefgesetzes
Dem § 49 des Pfandbriefgesetzes vom 22. Mai 2005 (BGBl. I S. 1373), das zuletzt
durch Artikel 24 Absatz 38 des Gesetzes vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1693) geändert
worden ist, wird folgender Absatz 3 angefügt:
„(3) Sofern Forderungen, die durch Grundpfandrechte an im Vereinigten Königreich
Großbritannien und Nordirland belegenen Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten
besichert sind oder sich gegen das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland
oder dort ansässige Schuldner richten oder für die von diesen Stellen die Gewährleistung
übernommen worden ist, vor dem 30. März 2019 gemäß den nachfolgend genannten
Vorschriften zur Deckung verwendet worden sind, sind diese abweichend von § 4
Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 3, § 4 Absatz 1a Satz 3, § 13 Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz
1 Satz 1 Nummer 2 bis 4, § 20 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b, c und g, § 20 Absatz
1 Nummer 2, § 20 Absatz 2 Nummer 2 und 3, § 26 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 sowie
§ 26f Absatz 1 Nummer 3 bis 5 weiterhin für die entsprechende Pfandbriefgattung deckungsfähig.
Für Sichteinlagen und Geldforderungen mit täglicher Fälligkeit gilt dies bis zu
einem Monat nach dem Tag, an dem erstmalig über die vorgenannten Guthaben seitens
der Pfandbriefbank verfügt werden konnte.“
Artikel 5
Änderung des Gesetzes über Bausparkassen
Dem § 19 des Gesetzes über Bausparkassen in der Fassung der Bekanntmachung
vom 15. Februar 1991 (BGBl. I S. 454), das zuletzt durch Artikel 24 Absatz 41 des Gesetzes
vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1693) geändert worden ist, werden folgende Absätze 8
und 9 angefügt:
„(8) Anlagen nach § 4 Absatz 3, die bis zum 30. März 2019 im Gebiet des Vereinigten
Königreichs Großbritannien und Nordirland getätigt wurden, können bis zu ihrer Fälligkeit
weiter gehalten werden.
(9) Eine Sicherung von Forderungen im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1, die nach § 7
Absatz 2 bis zum 30. März 2019 durch die Bestellung von Grundpfandrechten an einem
im Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland belegenen
Pfandobjekt erfolgt ist, bleibt bis zum Wegfall der besicherten Forderung weiterhin zulässig.“
Artikel 6
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 29. März 2019 in Kraft.